Sonntag, 11. September 2011

Gurrumul


Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Sprache der Yolngu erklingen wird. Und sie wird hell erklingen, erschreckend klar, wunderschön. Der blinde Geoffrey Gurrumul Yunupingu - genannt Gurrumul - wird auf seiner Europatour im Oktober diesen Jahres auch Konzerte in Deutschland geben. Der Musiker, der kaum ein Wort Englisch spricht, wird zurückhaltend sein, fast schüchtern aber er wird diejenigen, die sich auf ihn einlassen, umwerfen mit der einfachen Klarheit seiner Stimme. Eine Stimme die kraftvoll ist ohne laut sein zu müssen. Gurrumul, der aus dem Gumatj Clan im nordwestlichen Arnhem Land stammt, nutzt die Lieder und Geschichten seines Volkes und formt sie in moderne unglaublich schöne Folksongs. Hier verbindet sich traditionelle Musik der Aborigines mit einer Stimme, die auf der Welt wohl einzigartig ist und was dabei entsteht ist ein Sound, der fasziniert und berührt zugleich. Gurrumul ist mit seiner Musik ein Brückenbauer, der es schafft uns einen, wenn auch kleinen, Einblick in die Mystik und Kultur seines Volkes zu verschaffen. Und dies schafft er ohne anstrengend zu sein, sondern bleibt, wofür er von Kritikern auf der ganzen Welt gelobt wurde: einfach, klar, bewegend. Wichtiger Song seines neuen Album „Rrakala“: Gopuru.

Samstag, 23. Juli 2011

Great Ocean Road

„Die absolut falsche Jahreszeit für einen Road Trip entlang der Great Ocean Road.“ Das war die Warnung bevor der etwa 1900 km lange Road Trip begann. In der Tat beginnt dieser Highway in dem kältesten und nassesten Bundesstaat Australiens: Victoria. Wer im Winter durch Victoria fährt bekommt sehr leicht das Gefühl eigentlich nicht in Australien zu sein, sondern doch eher in England - viel Wind, Regen, überwältigendes Grün und jede Menge Fish and Chips Shops, deren in Biermarinade frittierter Fisch hauptsächlich aus Haifisch besteht. Ja, man hatte vor diesem victorianischen Winterwetter gewarnt und diese traten dann auch ein mit einem aus Wind und Regen gemixten Sonnenschein. Doch was diese Warnungen nicht beinhalteten waren die schönen Seiten dieser Jahreszeit. So zum Beispiel die endlosen, wunderschönen und farbenprächtigsten Regenbogen, die sich über dem tobenden Ozean ausbreiten oder die endlos-verschiedenen Wolkenformationen.
Dieser Highway entlang der Südküste Victorias bietet zwei der wesentlichen australischen Erfahrungen: nie gesehene Naturschauspiele und endlose, weltberühmte Surfstrände. Mit Surfing beginnt die Great Ocean Road auch. In Torquay nahe Melbourne gibt es nicht nur hunderte Surfing Outlets, sondern dort befindet sich auch Australiens Surfmuseum, das neben den Anfängen der Surfbewegung auch Surfing als Aussteigerphänomen zeigt und zu dessen Highlights das ehemalige Board von Kelly Slater - dem wohl weltbesten Surfer unserer Zeit - gehört. Hat man dies hinter sich gelassen und Torquay den Rücken gekehrt trifft man auf einen der weltberühmten Surfstrände Australiens: Bells Beach. Hier treffen sich jährlich zu Ostern die weltbesten Surfer vor einem staunenden Publikum. In Bells Beach wird Surfing zum Medien- und Profisport.
Hat man nun auch diese Surfkultur hinter sich gelassen, deren Philosophie es stets war, lieber in einem heruntergekommenen Campervan zu schlafen und als Küchenhilfe im Fish and Chips Shop zu arbeiten als Strand und Surfboard verlassen zu müssen, ist es schwer seine Augen auf die Straße zu richten, fährt man doch entlang einer spektakulären Steilküste mit unwirklich-schönen Stränden. Hier wo tausende Matrosen und Passagiere in den unberechenbaren Meeresströmungen und gefährlichen Klippen ihr Leben lassen mussten, gibt es endlosen Wanderwege und Aussichtsplattformen mit endlosen Fototouristen in ihrem hoffnungslosen Versuchen die Schönheit dieser Naturerscheinung einzufangen. Der wahrscheinlich spektakulärste Abschnitt ist dann auch gleich mit einem biblischen Namen versehen worden: 12 Apostel. Diese allein im Meer stehenden Klippen, deren Anzahl von ursprünglich neun auf sechs zusammengeschrumpft ist (12 Apostel klingt einfach besser), finden sich auf fast jeder Tourismusbroschüre für Australien und doch können die Fotos nicht jenen Eindruck der Schönheit beschreiben, den der Anblick dieser Apostel auslöst. Vielleicht die falsche Jahreszeit, vielleicht zu kalt zum Surfen und doch bleibt der Eindruck der unbeschreibbaren Naturschönheit. Mit einer Fahrt auf der Great Ocean Road werden die dem Reisenden die Romantiker  vertrauter.

Montag, 18. Juli 2011

Darwin: Zwischen Aboriginals, Backpackern und Krokodilen


Paul Hogan wollte den besonders authentisch-australischen Bushman darstellen, als er für seine berühmte Rolle als Crocodile Dundee einen „Bullroarer“ für einen „bush telephone call“ benutzte. Nur ist es so, dass dies ein besonders heiliges Instrument der Aboriginal People ist, das nur von bestimmten Angehörigen eines Clans gespielt werden darf. Für diese Blasphemie musste Hogan und seine Filmcrew den Kakadu National Park verlassen, gehört dieser doch offiziell den Ersten Einwohnern Australiens und wird auch von ihnen verwaltet. Immer wieder verärgert es die indigene Bevölkerung Australiens, wenn ihren Traditionen mit  Ignoranz begegnet wird. So beispielsweise nicht vor als zu langer Zeit in Deutschland als die australische Schauspielerin Nicole Kidmann ihren neusten Film „Australia“ bei „Wetten dass…“ bewarb. Neben dem immer gutgelaunten Tommy versuchte Kidmann nun ein Didgeridoo zu spielen. Nicht nur, dass so viel Stereotype kaum zu ertragen ist, Kidmann verscherzte es sich auch mit den Aboriginals, darf dieses Instrument doch ausschließlich von Männern gespielt werden.
Wer den Kakadu National Park besucht, lernt neben diesen Stories viel über die Indigene Bevölkerung Australiens. So zum Beispiel woran man ein originales Didgeridoo von seiner billigen Chinakopie unterscheidet. Die Produkte aus China sind innen glatt wie ausgefräst während ein Original kantig, uneben ist, denn dieses ist von Termiten und nicht von einer Maschine ausgehöhlt worden. Oder man lernt, warum die Ureinwohner Australiens immer wieder kontrollierte Feuer gelegt haben. Diese brennen das trockene Gras ab, wodurch die verschiedenen Tiere dem Feuer zu entkommen versuchen. Am Ende des brennenden Abschnittes stehen dann andere Angehörige eines Clans und es ist ihnen ein leichtes die fliehenden Tiere zu fangen. Gleichzeitig wächst nach dem Brand neues, frisches Gras, das neue Tiere, vor allem Kangaroos anlockt - Tierzucht ohne Zäune. Heutzutage hat man diese Tradition wieder aufgenommen, denn diese kontrollierten Brände haben einen weiteren wertvollen Effekt: wenn es durch Gewitter doch mal zu einem Bushfeuer kommt, ist das Ausmaß nicht so groß, ist doch ein Teil des trockenen Grases zuvor verbrannt worden. Eine faszinierende Kultur, zu deren Hinterlassenschaften die bis zu 4000 Jahre alten Höhlenmalereien bei Ubirr - einem der beliebtesten Ziele im Park - gehört. Diese dienten oftmals dem Unterricht der Kinder. So konnten diese von den verschiedenen Bildern lernen, welche Tiere gejagt werden und welche Teile besonders wertvolles Fleisch enthalten. Aber auch transportierten diese Bilder Verhaltensnormen und lehrten den Kindern, was durch Diebstahl passieren kann: die Ausrottung eines ganzen Stammes. Zu den Kuriositäten der Ubirr Malereien gehören auch zwei umrandete Hände, dessen Anatomie den Schluss zulässt, dass es sich hier um Hände von den ersten Siedlern handelt, auf die die Aboriginals gestoßen waren. Sie sind umrandet, weil der „White Fella“ (weiße Mann) diese stets träge in seinen Hosentaschen hat.
Diese Indigene Kultur trifft in Darwin auf die partysuchenden Backpacker vornehmlich aus Europa. Schläft man in einem der preiswerten und wenig sauberen Hostels hat man jeden Tag andere Zimmergenossen aus Frankreich, Belgien, Dänemark und natürlich aus Deutschland, deren Anzahl den größten Teil aller Backpacker ausmacht. Was sie suchen ist ihnen wahrscheinlich selbst nicht völlig klar aber alle finden sie das, was Darwin im Sommer ausmacht: Sonne, Frontiergesellschaft, tropische Langsamkeit, einsames Outback und natürlich Krokodile, die etwa neunzig Prozent der Schlagzeilen in der lokalen Zeitung ausmachen. Diese Krokodile kann man entweder im nächstgelegenen Billabong (australisch für eine Art kleinen See, der entsteht, wenn große Teile des Flut- und Flussgebietes in der Trockenzeit austrocknen) oder aber auf einer der vielfältigen Zuchtstationen bestaunen. Hier lernt man, dass Salzwasserkrokodile deshalb so heißen, nicht etwa weil sie in Salzwasser leben, ganz im Gegenteil bevorzugen sie Flüsse und Billabongs, sondern weil ihre Nieren auch Salzwasser vertragen, so dass sie in Flussmündungen leben oder kurzzeitig aufs Meer hinausschwimmen können, um Nahrung zu finden. Der Anblick dieser Tiere ist aber vor allem eine Lehrstunde des Respektes: einem fast fünf Meter großen und über 500 Kilo schwerem Croc will man badend nicht begegnen außer man ist der „Crocodile Dundee“.

Montag, 2. Mai 2011

Ostern in den Tropen



Wo fliegt man hin, wenn es im Süden Australiens langsam zu kühl zum Baden wird? Natürlich in den tropischen Norden des Landes nach Queensland. Der gemeine Queensländer ist schnell beschrieben: Flipflops, Shorts und T-Shirt kennzeichnen ihn sowie die immer vom Straßenstaub schwarzen Fußsohlen, die dem Flipflopträger eigen sind. Weil er nur zwei Jahreszeiten kennt – heiß und fecht (Sommer) und trocken und warm (Winter) – besitzen die wenigsten von ihnen Jacken, Pullover oder lange Hosen. Wer nicht auf den Bananenplantagen arbeitet, verdient sein Geld in der Touristenbranche und fährt junge Menschen durch den tropischen Regenwald oder zu einem Snorkling Spot im Great Barrier Reef. Wer in Queensland ist, muss es sehen: das größte Korallenriff der Welt mit seinen unzähligen tropischen Fischen, hunderten verschiedenen Korallen und Seeschildkröten, die sich längst an die schnorchelnden und tauchenden Pilger gewöhnt haben.
Doch das tropische Meer ist ein Ort der Gefahren und während der Monate November bis April gerade auch für jene, die das Baden am Strand mehr lieben als alles andere in der Welt. Denn in diesen Monaten ist Quallensaison. Nun sind diese Quallen nicht nur lästig sondern mitunter auch lebensgefährlich. Es gibt eine Unzahl von verschiedenen Quallen, die durch ihre Millionen von winzigen Nesseln Gift in den Körper injizieren können und schmerzhafte Reaktionen hervorrufen. Die gefährlichste von ihnen ist die Box Jellyfish. Das Gift dieser Qualle kann zu horrenden Schmerzen, Atemnot, Schock und Herzstillstand führen. Obwohl nur wenige Menschen daran gestorben sind, was nicht zuletzt an der guten medizinischen Versorgung in Australien liegt, ist es wenig ratsam während dieser Zeit ins Wasser zu gehen. Eine Schande, gibt es doch nördlich von Cairns den wohl faszinierendsten Strand überhaupt: Cape Tribulation. Hier trifft der Regenwald auf das Meer. Ein Bild, das den Kindheitsvorstellungen beim Lesen der bekannten Abenteuer- und Seefahrergeschichten gleicht: So muss sie ausgesehen haben, die Schatzinsel.

Samstag, 9. April 2011

Surfing


Die größte Herausforderung beim Surfen steht gleich am Anfang noch bevor man die Wellen erblickt: der Wetsuit. In diesen engen Anzug, der einen vor der Kälte des Ozeans beschütz, muss ein jeder sich reinquälen vor dem Beginn des Wellenreitens. Anfänger erkennt man daran, dass sie den Reißverschluss vorne an der Brust zumachen wollen. Natürlich der Reißverschluss gehört nach hinten, sonst wird es ziemlich unangenehm wenn man die ganze Zeit auf dem Board liegt.
Beim Surfen gibt es im Grunde nur eine Regel, die man wissen muss: der Surfer im Wasser weicht dem Surfer auf den Wellen aus, nicht andersrum. Too easy. Über Haie macht man sich keine Gedanken – das verdirbt sonst den Spaß. Und ja, das Surfboard wird seitlich zum Körper im Wasser bewegt, sonst hat man bei der nächsten Welle das Board im Gesicht – verdirbt auch den Spaß.
Die erste Lektion für Surfbeginner gibt es noch am Strand. „Also wenn die Welle kommt legst du dich auf ’s Board und paddelst auf den Strand zu. Du greifst das Board seitlich mit beiden Armen und wartest bis die Welle dich erfasst und du das Gefühl hast nach unten zu gehen. In diesem Moment kniest du auf dem Board, hältst das Gleichgewicht. Dann kommt der kritische Moment in dem du aufstehen musst. Erst ein Bein aufstellen und mit dem zweiten dann aufstehen. Nicht vergessen, dass du seitlich abspringen musst und dabei möglichst cool aussiehst. Und ja, wenn du von der Welle geschluckt wirst, tauchst du erst auf, wenn sie vorbei ist, sonst stößt du mit dem Kopf gegen das Board – verdirbt den Spaß.“ Nach einigen Trockenübungen am Strand kommt der Moment der Wahrheit und der Lehrer hält das Board und schiebt dich auf die erste Welle. Auch wenn es einige Versuche braucht aber irgendwann steht man auf der Welle: ein wahrer Moment des Glücks. Es ist dieser Moment, der dich die Haie und Anstrengungen wieder auf das Meer zu kommen vergessen macht, nicht zu vergessen die Krabben, die ständig mit ihren Zangen deine Zehen angreifen. Vom Strand aus gesehen, sieht man immer noch wie ein blutiger Anfänger aus aber in diesem Moment fühlt man sich selbst als der coolste Surferdude überhaupt. Schmerzen in den Rippen vom vielen ins Wasserfallen und der Muskelkater vom Versuch wieder ins Meer zu kommen, können diesen Moment des coolen Glücks mit Nichten vernichten.

Sonntag, 20. März 2011

Gefährliche Präpositionen

Warum sollte man eine Sprache sorgfältig studieren, bevor man auf Reisen geht? Nicht einfach zu erklären, wenn man auf einem Inselkontinent lebt. Aber manchmal hilft das Wissen einer anderen Sprache internationale Irritationen zu vermeiden. Und gerade bei Präpositionen sollte man aufpassen. Sonst ergeht es einem so, wie der Lehrerin, die nach Deutschland fliegen wollte und einen deutschsprechenden Verwandten fragen wollte, ob sie bei ihm übernachten könne. In ihrer Erinnerung an ihren Deutschunterricht, war ihr verblieben, dass man das Verb „schlafen“ verwenden müsse. Also fragte sie auf Deutsch: „Kann ich mit ihnen schlafen.“ Eine falsche Präposition und man weckt man falsche Erwartungen. 
Aber auch wenn man die gleiche Sprache spricht, ist man vor Missverständnissen nicht gefeit. So handelte sich ein australischer Austauschlehrer in Kanada böse Blicke ein als er sein Baby im Arm auf einer Party fragte: „Who wants to nurse the baby?“ Nun muss man wissen, dass das Verb „nurse“ in Australien das Baby im Arm ‚halten und wärmen‘, auf dem amerikanischen Kontinent allerdings dem Kind die Brust geben bedeutet. Man stelle sich nur die Blicke der männlichen Partygäste vor. 
Auch sollte man sich dem Unterschied der verschiedenen Varianten des Englischen bewusst sein, wenn man seine Flip Flops vergessen hat. Das gemeine Australische Schuhwerk ist hier unter dem Namen „thongs“ bekannt. Im eher prüden Amerika handelt es sich dabei allerdings um pobackenentblößende Unterwäsche für junge Damen. Auch hier war sich der arme Australier in ein Fettnäpfchen getreten als er fragte, ob er sich für einen Ausflug ein paar „thongs“ ausborgen könne. Wer Sprachkonventionen nicht ernst nimmt, von dem glaubt man am Ende, er würde in Tangas am Strand spazieren gehen und fremde Leute fragen, ob sie nicht mal sein Baby stillen wollten.

Kangaroo Island




Das Beste an Kangaroo Island ist die Unberührtheit. Viele Naturschutzgebiete erhalten die Ursprünglichkeit der Insel und lassen das Vorhergesehene erblassen. Die Touristen auf der Insel erkennt man vor allem daran, dass sie an keinem Eukalyptusbaum vorbeigehen können, ohne mit erhobenem Kopf nach Koalas zu suchen. Dabei sind es die langweiligsten und unspektakulärsten Tiere überhaupt. 19 Stunden schlafen sie auf den Bäumen, um nach dem Aufwachen weiter die Eukalyptusblätter zu essen. Einen Koala in Bewegung zu sehen, ist eine zufällige Seltenheit.
Der gelbe Schulbus, der die Austauschlehrer zu den Honigfarmen, Klippen und Robbenstränden führte, passte zum Flair der Reise. Hier waren sie, die Amerikaner, Kanadier, Japaner und Deutsche, die sich von der Langsamkeit der Insel anstecken ließen und nachts ohne Erfolg nach einem Possum suchten. Wahrscheinlich waren Bäume doch der falsche Ort und man hätte in der Nähe von Mülleimern sein Glück versuchen sollen – der bevorzugte Ort des australischen Possums. Koalas, Langsamkeit, Naturleere – Kangaroo Island verzaubert mit Abgeschiedenheit.