Sonntag, 20. März 2011

Gefährliche Präpositionen

Warum sollte man eine Sprache sorgfältig studieren, bevor man auf Reisen geht? Nicht einfach zu erklären, wenn man auf einem Inselkontinent lebt. Aber manchmal hilft das Wissen einer anderen Sprache internationale Irritationen zu vermeiden. Und gerade bei Präpositionen sollte man aufpassen. Sonst ergeht es einem so, wie der Lehrerin, die nach Deutschland fliegen wollte und einen deutschsprechenden Verwandten fragen wollte, ob sie bei ihm übernachten könne. In ihrer Erinnerung an ihren Deutschunterricht, war ihr verblieben, dass man das Verb „schlafen“ verwenden müsse. Also fragte sie auf Deutsch: „Kann ich mit ihnen schlafen.“ Eine falsche Präposition und man weckt man falsche Erwartungen. 
Aber auch wenn man die gleiche Sprache spricht, ist man vor Missverständnissen nicht gefeit. So handelte sich ein australischer Austauschlehrer in Kanada böse Blicke ein als er sein Baby im Arm auf einer Party fragte: „Who wants to nurse the baby?“ Nun muss man wissen, dass das Verb „nurse“ in Australien das Baby im Arm ‚halten und wärmen‘, auf dem amerikanischen Kontinent allerdings dem Kind die Brust geben bedeutet. Man stelle sich nur die Blicke der männlichen Partygäste vor. 
Auch sollte man sich dem Unterschied der verschiedenen Varianten des Englischen bewusst sein, wenn man seine Flip Flops vergessen hat. Das gemeine Australische Schuhwerk ist hier unter dem Namen „thongs“ bekannt. Im eher prüden Amerika handelt es sich dabei allerdings um pobackenentblößende Unterwäsche für junge Damen. Auch hier war sich der arme Australier in ein Fettnäpfchen getreten als er fragte, ob er sich für einen Ausflug ein paar „thongs“ ausborgen könne. Wer Sprachkonventionen nicht ernst nimmt, von dem glaubt man am Ende, er würde in Tangas am Strand spazieren gehen und fremde Leute fragen, ob sie nicht mal sein Baby stillen wollten.

Kangaroo Island




Das Beste an Kangaroo Island ist die Unberührtheit. Viele Naturschutzgebiete erhalten die Ursprünglichkeit der Insel und lassen das Vorhergesehene erblassen. Die Touristen auf der Insel erkennt man vor allem daran, dass sie an keinem Eukalyptusbaum vorbeigehen können, ohne mit erhobenem Kopf nach Koalas zu suchen. Dabei sind es die langweiligsten und unspektakulärsten Tiere überhaupt. 19 Stunden schlafen sie auf den Bäumen, um nach dem Aufwachen weiter die Eukalyptusblätter zu essen. Einen Koala in Bewegung zu sehen, ist eine zufällige Seltenheit.
Der gelbe Schulbus, der die Austauschlehrer zu den Honigfarmen, Klippen und Robbenstränden führte, passte zum Flair der Reise. Hier waren sie, die Amerikaner, Kanadier, Japaner und Deutsche, die sich von der Langsamkeit der Insel anstecken ließen und nachts ohne Erfolg nach einem Possum suchten. Wahrscheinlich waren Bäume doch der falsche Ort und man hätte in der Nähe von Mülleimern sein Glück versuchen sollen – der bevorzugte Ort des australischen Possums. Koalas, Langsamkeit, Naturleere – Kangaroo Island verzaubert mit Abgeschiedenheit.

Montag, 7. März 2011

Chardonnay aus den Adelaide Hills


Es ist gar nicht so einfach sich an das Ausspucken von Weinen zu gewöhnen, deren Flaschenpreis zwischen 20 und 50 Dollar liegt. Glück wer einen Mitbewohner hat, der weil  aus der Weinbranche kommend einem alles Fachmännisch erklären kann. Zuerst die Farbe betrachten, die den für die Weinsorte typischen Charakter ausweisen sollte. Wichtig ist der nächste Schritt: das Schwenken des Glases. Hier kommt der Wein in Berührung mit Sauerstoff und kann so erst sein Bouquet entfalten. Ohne Sauerstoff kein Geschmack. Der wahrscheinlich wichtigste Schritt bei der Weinverkostung ist das Riechen. Man sollte die ersten für den Wein typischen Eigenschaften erkennen: fruchtig, hölzern, würzig und hunderte weitere. Interessant welch eigene Sprach die Weinwelt entwickelt hat zur Typologie der Weine: so kann ein Riesling „kerosinartig“ sein und manch ein Wein aus Neuseeland wird mit „sweating armpits“ beschrieben. Sobald es zum Kosten kommt darf man sich vom Schlürfgeräusch des Nebenmannes nicht ablenken lassen, sondern muss es ihm gleich tun. Das charakteristische Schlürfen entsteht, sobald der Weinkenner mit einem Schluck im Mund Sauerstoff einzieht und damit den Wein überdeckt. Wir wissen ja bereits, wie wichtig die Verbindung beider Elemente ist. Guter Wein verbreitet nun verschiedene Charakteristika zu verschiedenen Zeiten und es ist nun Zeit diese herauszuschmecken. Vielleicht ungelenk aber mit Selbstbewusstsein erfolgt nun das Entleeren des guten Tropfens in den dafür vorgesehenen Spucknapf. Eindeutig ein wesentlicher Bestandteil einer Verkostung, kann man doch nach wenigen Gläsern Weingenusses keinen Unterschied mehr feststehlen, nachdem der nächst immer auch der Beste geworden ist.
Adelaide und Umgebung gelten als die besten Weinregionen Australiens und können es bei manchen Weinen mit der europäischen Konkurrenz aufnehmen. Die Adelaide Hills sind vor allem für ihren Shiraz bekannt aber auch wunderbare Weißweine findet man hier. Unteranderem einen Riesling, der ein kräftiges Apfelaroma beinhaltet, in dem man aber auch Spuren von Mandarinen findet, zumindest wenn er aus der prestigeträchtigen „Petaluma“ Weingut stammt. Von „Shawn and Smith“ ist neben dem Shiraz der Sauvignon Blanc zu empfehlen, der neben seinem fruchtigen Pfirsicharoma einen leichten Unterton von Bananen entfaltet. Nicht vergessen sollte man den Chardonnay, dessen teuerste Variante von dem schon genannten „Petaluma“ Gut stammt, der aber auch bei anderen Gütern gut sein kann. Als ein Wein, der in Eichenfässern gelagert wird, entfaltet er einen holzigen Geschmack, der von Fruchtaromen durchbrochen wird. Wer Wein liebt, liebt die Hills.

Sportfest


„Ich gebe jedem von euch eine Nummer. Die müsst ihr euch merken und mir vor jedem Sprung ansagen, damit wir euren Sprung abstecken können.“ Nach dieser Vorbereitung war die am häufigsten gestellte Frage am Dreisprung: „Wie war meine Nummer nochmal?“ Vielleicht sollte man das Ausfallen des Kurzzeitgedächtnisses nicht überbewerten und der allgemeinen Aufgeregtheit und Konzentration vor dem entscheidenden Sprung zurechnen. Ein Schüler der 12 Klasse sprang so weit, dass er fast außerhalb der Sprunggrube landetet und gefragt wurde, ob er nicht zu viele Schritte gemacht habe: „Nein, ich kann nochmal springen, um es ihnen zu zeigen.“ Tatsächlich ein richtiger Dreisprung und fast aus der Sprunggrube.
Das brachte viele Punkte für sein „Haus“, in das er am Beginn der achten Klasse eingeteilt wurde. So wie jeder Schüler in ein „Haus“ – ein bestimmtes Schulteam – werden auch die Lehrer in die verschiedenen Teams eingeteilt, deren Aufgabe dann darin besteht beim Sportfest nicht nur die Sprungweiten und Sprintzeiten zu ermitteln, sondern auch die Schüler ihres Teams anzufeuern. Die Schüler wiederrum ziehen Sportsachen in den Farben ihres „Hauses“ an und werden von ihrem „house captain“ zum Sieg angeleitet. Eine geschaffene Konkurrenzsituation, die Aufregung und Leistungsdenken fördert. Künstlich aber doch für viele Schüler leistungssteigernd. Ein Ammenmärchen, dass Schüler sich nur in kooperativen Lernformen wohlfühlen, in denen Wettbewerb marginalisiert wird.

Die ersten ziehen aus


Es war ein stiller Abschied als Gracy das Haus verließ. „Ja, sie ist heute ausgezogen. Zu ihrem neuen Freund.“ Das ging schnell, hatte sie ihren alten Freund noch vor wenigen Tagen lautstark aus dem Haus gewiesen. Glaubt man den Gerüchten, sei er eifersüchtig auf Jarrod gewesen, von dem er glaubte dieser würde Gracy unangebracht viel seiner Zeit widmen. Jarrod bestreitet alles und er bringt das durchaus einsichtige Argument vor, dass seine eigene Freundin hundertmal schöner sei als Gracy und er absolut glücklich. Es war jedoch ein donnerndes Drama als Gracys nun mehr Ex-Freund aus dem Haus flog. Jedes zweite Wort fing mit „F“ an und ein immer wieder gleicher Satz war am Ende eines jeden Argumentes Seitens Gracy zu hören: „Leave the house, right now!“ Sogar mit der Polizei drohte sie. Und so musste er verlassen, mit einem Handtuch und seiner Zahnbürste unter dem Arm das Terrain verlassen. Dabei wollte er nicht verstehen, dass nicht seine „Fehler“ der Beziehung im Weg standen, sondern vielmehr seine Person selbst, hatte Gracy doch schon längst, glaubt man wiederrum den Gerüchten, jemand anderes gefunden. Frauen suchen Männer aus. Die neue Liebe Grays‘ muss so stark sein, dass sie nicht nur ihren Freund verließ, sondern gleich das Haus, um bei ihm zu sein. Glück und Elend liegen manchmal nur wenige Stunden voneinander entfernt.
Ali verlässt in den nächsten Tagen ebenfalls das Haus. Auch hier spielt Liebe eine Rolle. „Wie soll ich mit meiner Frau in Pakistan telefonieren, wenn das verdammte Internet nicht funktioniert?“ In der Tat ist man hier wegen der Qualität der Kommunikationsmöglichkeiten verärgert, sodass der „Landlord“ versprach, dass bald Besserung eintreten wird. Aber das konnte Ali nicht überzeugen, bricht doch das Gespräch via Skype ständig in wichtigen Momenten ab.
Vielleicht sollte man erklären, dass Ali seine Ehefrau auf andere, völlig unwestliche Weise gefunden hat. In Pakistan sucht nicht die Frau ihren Mann, sondern die Familien entscheiden. Ist der Sohn in einem heiratsfähigen Alter, wird bei Freunden, Bekannten, Familie gefragt, ob sie denn nicht eine Frau für den Sohn empfehlen können. Sie muss die Tradition respektieren, den Erwartungen der Familie entsprechen und aus der gleichen Kaste kommen. Ist jemand gefunden, beginnen die Verhandlungen, in denen geklärt wird, woher die jeweils andere Familie stammt, welchen Beruf der Vater ausübt, welche Perspektive der zukünftige Ehemann hat. Sind diese Fragen zur allgemeinen Zufriedenheit geklärt, dürfen sich die Auserwählten sehen, natürlich vor der Ehe nie allein gelassen, oder wie in Alis Fall via Skype telefonieren. Die beiden haben jetzt noch ein marginales Vetorecht, wobei das Veto des Mannes stärker ist aber vor der Familie erklärt werden muss. Dann die Hochzeit. Ali feierte insgesamt 5 Tage mit hunderten Gästen und mindestens drei Mahlzeiten pro Tag. In Pakistan gibt es mittlerweile ein Gesetz, dass die Hochzeitsfeierlichkeiten beschränkt, damit die weniger situierten Familien sich, wie oft geschehen, nicht maßlos verschulden. Nein, Alis Familie hielt sich nicht dran und feierte einer der größten Hochzeiten seiner Heimatstadt. „Einer der schönsten Tage in meinem Leben und eine der ausgelassensten Partys überhaupt. Das Essen! Meine wunderschöne Frau!“ Sie soll nun nach Australien kommen und er träumt von einem eigenen Haus für beide. Das Leben wird sich für beide ändern und loslösen von Kasten- und Traditionsdenken, hat sie doch schon ein Medizinstudium begonnen, dass sie in Australien beenden will und er schon längst begonnen seine Mahlzeiten selbst zuzubereiten.